VERLIEBT IN ISTANBUL

Jeder Schritt durch Istanbul ist wie ein "Herzschlag durch die ganze Welt", heißt es in der Metropole am Bosporus. Das blaue Meer, die Paläste, die Kultur-Highlights, die gastronomischen Verführungen und der Charme der Menschen – das macht süchtig! Und was gibt es Neues? Mehr als man glauben kann!

VERLIEBT IN ISTANBUL

Raus aus dem Flieger und rein in „die Stadt“. Das ist nämlich die genaue Übersetzung des Namens Istanbul. „Die Stadt“ ist eigentlich gar keine. Sie gleicht eher einem Kontinent zwischen Asien und Europa, einem wilden Potpourri aus Nationen, kulturellen Highlights und pulsierendem Leben. Schon die Lage ist außerordentlich! Istanbul liegt auf beiden Seiten des Bosporus und befindet sich damit sowohl im europäischen Thrakien als auch im asiatischen Anatolien. Um diese Stadt zu verstehen, sollte man sich ihr ergeben und ihr vertrauen. Dem Straßenlabyrinth folgen, Köstlichkeiten am Wegesrand genießen, die frische Meeresbrise erschnuppern und die kulturellen Schätze des Landes entdecken.

Starten wir also in diesem ganz außergewöhnlichen Szene- und Geschäftsbezirk Beyoğlu, der wie auf einem Wimmelbild die wichtigsten Denkmäler, Innovationen und Verführungen Istanbuls miteinander verbindet. Die neue „Beyoğlu Culture Route“ feiert die kulturellen, historischen und architektonischen Höhepunkte Istanbuls und macht damit sogar New York Konkurrenz (Sorry, New York!). Elf Hauptattraktionen befinden sich entlang der autofreien Straße.

Das zentrale Highlight ist das Atatürk Cultural Center (AKM) am berühmten Taksim-Platz. Erbaut vom preisgekrönten Architekten Murat Tabanlioglu, verfügt das AKM über eine überdachte Fläche von fast 95.000 Quadratmetern mit einem hochmodernen Opernsaal für 2040 Personen. Der Saal ist von einer tiefroten, runden Schale umgeben, komponiert aus Tausenden von Kacheln, die als leuchtende Kugel auch von außen zu bestaunen ist. Das Opernhaus ist mit der modernsten Saalakustik der Welt bestückt.

Zur Wiedereröffnung des AKM wurde die türkische  Oper „Sinan“ uraufgeführt. Inszeniert von der Istanbuler Staatsoper und dem Staatsballett und unter Leitung des renommierten italienischen Regisseurs Vincenzo Grisostomi Travaglini entstand eine Aufführung voller Farben, Geschichten und Mythen, ein Tanz zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Dazu beherbergt das AKM unter anderem einen Ausstellungssaal, Restaurants, ein Museum, ein Theater und vor allem eine Bibliothek! Gerade letztere sorgt für ein Aha-Erlebnis, denn hier entstand ein urbaner, architektonischer Saal, der wie ein Archiv auf mehreren Ebenen Meisterwerke der Literatur miteinander verbindet. Man könnte hier für immer sitzen, lesen und die Welt neu erfinden.

Auf dem Dach des Gebäudes gibt es ein Café mit Blick auf den Taksim-Platz. Türkischen Kaffee zu trinken gleicht übrigens einer Wissenschaft: Zunächst muss man sich entscheiden, ob man ihn süß oder halbsüß haben möchte. Dann lässt man den Kaffee eine Minute lang stehen, damit sich der Kaffeesatz setzt. Zwischendurch trinken Kenner einen Schluck Wasser, um im Mund den Geschmack zu neutralisieren. Anschließend schlürfen sie den Schaum des Kaffees ab, weil sich sonst die Aromen im Mund nicht ausreichend entfalten. Und dann kommt der erste richtige Schluck – und der isteinfach köstlich.

So beglückt und inspiriert statten wir dem wunderschönen Cercle d’Orient einen Besuch ab. Die ehemalige Pascharesidenz von 1883 an der belebten İstiklâl-Straße zeigt Ausstellungen von jungen, türkischen Kunsthochschulabsolventen. Das alte und das moderner Interieur der Residenz bieten wunderbare Kontraste. Als Besucher weiß man gar nicht, woran man sich zuerst erfreuen soll – an der antiken Ausstattung oder an der außergewöhnlichen Kunst. Insgesamt umfasst das Beyoğlu Culture Route-Festival 2.000 Veranstaltungen, Ausstellungen, Lesungen und Konzerte.

Diese sind allerdings nur ein Bruchteil des Kulturangebots dieser sich ständig in Bewegung befindlichen Stadt mit ihrer großen Historie. Zur Historie gehört übrigens auch ein Besuch des berühmten Galata-Turms. Er gehört zu den beliebtesten Aussichtspunkten in Istanbul und bietet einen 360-Grad-Blick auf den Bosporus und das Goldene Horn. Der Rundbau wurde 1348 von Architekten aus Genua erbaut und hat seinen mittelalterlichen Charme bis heute bewahrt. Wer hier die Augen schließt und sich einen Fürsten des 14. Jahrhunderts vorstellt, der neben einem steht, der fühlt sich Jahrhunderte zurückversetzt.

Wir schlendern weiter durch das Mehmet Akif Memorial House, besuchen das Tarik Zafer Tunaya Culture Theater und die Galata Mevlevi Lodge, um etwas über die osmanische Geschichte und die Mevlevi-Traditionen zu lernen. Und dann, am Ende der Kulturroute, erreichen wir den neugestalteten Galata Port. Der Kreuzfahrthafen im Hafenviertel Karaköy ist mehr als nur ein Treffpunkt für Shopping, Unterhaltung, Kultur und Freizeitvergnügen. Zahlreiche Cafés, Bars und Restaurants schmücken die Promenade. Am Abend wird sie zu einem beliebten Treffpunkt für Gäste und Einheimische. Bis spät in der Nacht wird in Beyoğlu gefeiert und getanzt, in den Straßen trifft sich ein fröhlicher Mix aus Künstlern, Kreativen und Genießern.

AKM

Der Konzertsaal des neuen Atatürk-Kulturzentrums, kurz AKM, am Taksim-Platz ist mit modernster Technik ausgestattet und garantiert beste Akustik.

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Die 680 Quadratmeter große Bibliothek des AKM umfasst eine beachtliche Sammlung kunstliterarischer Werke.

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Der Galata-Turm im gleichnamigen Stadtviertel ist ein mittelalterliches Relikt der genuesischen Kolonie und beherbergt heute eine Aussichtsplattform.

À propos Genießer: „Istanbul ist ein einziges Feinschmeckerparadies“, sagte schon der französische Chanson-Sänger Charles Aznavour, der der Stadt sogar ein Lied widmete. Die türkische Küche geht auf die jahrhundertealten, anatolischen Traditionen zurück und steht für Nachhaltigkeit, regionale Zutaten und eine Fülle verschiedener Gewürze und spezieller Geschmacksrichtungen, die den Gaumen entzücken.

Mit einem Mix aus traditionellen und neuen Rezepten punktet die türkische Küche. Genau aus diesem Grund haben die Inspektoren des „Guide Michelin“ zum ersten Mal Restaurantbewertungen für Istanbul vergeben. Das Unternehmen erklärte dazu, dass die Stadt „auch gewagtere, innovative und fusionierte Rezepte, die von talentierten, einheimischen und ausländischen Köchen mit viel Kreativität kreiert werden“ biete. Das trifft es jedoch nicht im Entferntesten, denn die Küche in Istanbul ist einfach eine Offenbarung. Wer sich dem Genuss hingeben möchte , der kann mit einer Süßigkeit beginnen, denn anders als in westeuropäischen Ländern werden süße Leckereien nicht als Dessert, also wie ein Schlusslicht des Essens, betrachtet. In der Türkei ist Süßes oft Teil der Hauptspeise und mühelos neben Fleisch- und Gemüsegerichten serviert werden. Baklava ist ein gutes Beispiel dafür – am besten von erstklassiger Qualität wie von dem Traditionshaus Hacı Bekir, das die Köstlichkeit seit 1777  nach alten Rezepten zur Perfektion gebracht hat.

Eine große Rolle bei der Entstehung neuer Gerichte spielen in in Istanbul übrigens  Gewürzmärkte, denn hier werden Rezepte ausgetauscht, neu geschrieben und getestet. So gibt es für das Traditionsgericht Kebab sicher hunderte Zubereitungsmöglichkeiten. Im Grunde sind es nur saftige Fleischstücke vom Grill, aber je nach Gewürz und Zusammenstellung variieren die Geschmacksrichtungen. Scharf, deftig oder säuerlich, dick oder dünn geschnitten, mit Kümmel, Knoblauch oder Paprika wird aus einem Kebap ein ausgewiesener Leckerbissen. Allerdings sollte man immer noch Platz für das „kahvaltı“, das türkische Frühstück, lassen, denn das ist reichhaltig. Datteln, Melone, Oliven, Aprikosen und Pflaumen treffen auf Peperoni und Paprika, die mit Salz verzehrt werden. Börek (türkisches Blätterteiggebäck) wird mit Schafskäse, Spinat oder Hackfleisch gefüllt. Dazu gibt es Menemen (Rührei) mit Paprika und Tomaten oder mit Knoblauch-Wurst. Nicht zu vergessen: Bal (Honig), Sosis (Würstchen) und natürlich Marmelade. Es gibt wirklich so viele Gründe, nach Istanbul zu reisen. Wo soll man anfangen?

Karnìyarìk – Split Eggplant Filled With Minced Meat

Karniyarik (gefüllte Aubergine) und Mücver (frittierte Zucchini) sind Gerichte aus der traditionellen, türkischen Küche.

Mücver – Zucchini Fritters

Karniyarik (gefüllte Aubergine) und Mücver (frittierte Zucchini) sind Gerichte aus der traditionellen, türkischen Küche.

Tipp: Zwei Mal im Jahr findet das „Beyoğlu Kulturroute Festival“ statt, das die kulturellen Highlights der Stadt in den Mittelpunkt stellt und mit hunderten von Vorstellungen, Ausstellungen und Konzerten aufwartet. Saison ist zwischen Mai und Juni und im Oktober. Ein weiteres Highlight ist die „Türkische Woche“, die Besuchern die landestypische Küche vorstellt. Zahlreiche Restaurants kreieren in dieser Zeit köstliche Menüs. Die nächste Türkische Woche findet vom 21. bis 27. April 2023 statt.